Hab ich schon einmal über meine Vorliebe für nordische Landschaften gesprochen? Glaub ich eigentlich nicht. Höchste Zeit.
Als Kind der Alpen sind mir Nadelwälder und Zwergstrauchheiden (Alpenrosen etc.) von klein auf lieb gewordene Gewohnheit. Vielleicht tun mir deswegen diese Vegetationselemente, die man auch im Norden findet, besonders gut? Kann sein. Jedenfalls geht mir schon beim Anflug auf Pietersaari das Herz auf. Unter mir nichts als naturbelassene, nordische Wälder, aus deren Mitte allenthalben Moorseen wie dunkle Augen auftauchen und ein Versprechen für Natur ohne Ende abgeben.
Und dann komm ich also an. Pietersaari = Jakobstad = Zentrum der finnischen Topplevel-Bootsproduktion.
Das hat – wie fast immer – historische Wurzeln.
Hier, im schwedisch sprechenden Teil Finnlands, hatten die Schweden von Alters her Rechte bezüglich Holzschlägerung. Wofür? Erraten: Schiffsbau! Keine Frage, das macht Sinn: Wälder ohne Ende, haushohe Bäume, alle kerzengerade, in die Höhe strebend. Kurze Äste, dafür dicke Stämme. Biologen sprechen in diesem Zusammenhang von „Schneefichten“. Unter der schweren Schneelast kann sich kein Baum weit ausladende Zweige erlauben. Die Energie wird in den Stamm gesteckt. Das wussten auch die Schweden. Das alles schreit nach Verwendung im Bootsbau. Die Werften von „Nautor Swan“ und „Baltic“ sind also nicht zufällig hier.
Die Zeit der langen Abende nutze ich für einen Ausflug an die Ostseeküste. Und – was soll ich sagen? Ich bin begeistert. Die urige Kraft, die Ruhe, die Naturnähe dieser Küste beeindruckt, nein: begeistert mich.
Ich wandere über von Gletschern glatt geschliffene Gneisfelsen, die mit zu den ältesten Gesteinen der Welt gehören, sind sie doch im Rahmen der kaledonischen Gebirgsbildung entstanden. Im Vergleich dazu sind die Alpen, die Anden und auch der Himalaya „Gebirgs-Babies“.
Sehr cool finde ich auch die Vegetation hier an der Küste. Du findest hier auf engstem Raum verschiedenste Sporenpflanzen wie Farne, Moose, Schachtelhalme und auch Pilze. Das Ganze ist dann durchsetzt von Heidekraut welches hier im Norden deutlich kleiner ausfällt, als weiter südlich, ganz zu schweigen von der Baumheide, die wir von Kanaren her als bis zu 5 Meter hohe Vegetationszone finden. Jetzt aber genug der botanischen Leckerbissen.
Der Gesamteindruck ist für alle von euch auch ohne botanische Vorkenntnisse klar und deutlich: Natur, soweit das Auge reicht. Und das ist gut so.
Und – wer kennt nicht die Fernsehserie „Wickie und die starken Männer“ aus den 70-ern? Gerade als ich um einen Felsvorsprung gehe, sticht mir eine vorgelagerte Steinformation ins Auge auf der – leider – keine Robben sitzen. Das wär jetzt zu schön gewesen. Aber auch ohne Robben fühle ich mich plötzlich in die Welt meines Kindheitshelden versetzt. Irgendwie schließen sich gerade der eine oder andere Kreis in meinem Leben. Dafür bin dankbar.
Alles Beste euch – Clemens