Stephan Hofmann ist seit kurzem RYA Yachtmaster Coastal. Wie er wurde, was er ist, erzählen wir auf dem MCO-Blog in einer dreiteiligen Serie. Teil 2: Warum ein Schweizer sich der RYA anvertraut und was einen guten Segelschüler ausmacht.
Stephan, Du kommst aus der Schweiz, hast Dich aber fast von Anfang an dem RYA-System sehr stark anvertraut. Wie kam das?
Stephan Hofmann: Ja. Ich hatte ja zwei Möglichkeiten – zum einen gibt es natürlich den Schweizer Hochseeschein, zum andere die RYA. Dort hat mir gefallen, dass das System modular aufgebaut ist: Ich hätte ja auch nach dem RYA Day Skipper aufhören können, bekam aber schon nach einer Woche eine kleine Bestätigung. Ich kann also immer sagen: Ich hab Spaß daran, ich mache einfach weiter – in dem Schweizer Ausbildungsmodell hingegen musst Du dir zunächst die ganze Theorie aneignen und gehst erst dann auf das Boot. Diese enorme Praxisbezug, diese starke praktische Komponente bei dieser Ausbildung in der RYA hat mich gereizt. Das entspricht dem, wie ich selbst lerne: Ich lerne in der Praxis, diese Erfahrung hab ich bereits bei meiner Lehre zu meinem ersten Beruf gemacht – ich habe Radio- und Fernsehelektriker gelernt. Jetzt bin ich Polizist – ebenfalls ein sehr praktisch orientierter Beruf.
Das habe ich dann auch in dieser Segelausbildung gesucht, weil ich weiß, dass ich nicht der Typ bin, der einfach theoretisch etwas lernt. Ich muss Theorie und Praxis immer verknüpfen, und da kam mir die RYA-Methode sehr entgegen. Weil ich aber nicht so sprachbegabt bin, musste ich mich da beim Englischen sehr anstrengen, das war schon eine echte Challenge für mich. Es ist eben eine britische Prüfung, deswegen wird da ausschließlich Englisch gesprochen, das ist ja auch richtig so. Ich habe die englischen Begriffe auch gleich in meinem Segelalltag verwandt und gar nicht erst übersetzt, ich habe versucht, in dieser Sprache zu denken. Und die Trainings bei MCO sind sehr praxisorientiert, die Feedbacks von Clemens sind da sehr hilfreich. Ich hab mir das immer aufgeschrieben und versucht, die Lücken aufzuarbeiten. Mit MCO möchte ich nun auch den Weg zum Yachtmaster Offshore gehen, weitere Segelerfahrungen sammeln, das aber auch genießen: Der Weg ist ja bekanntlich das Ziel. Wenn ich dann soweit bin, mich soweit fühle und auch das entsprechende Feedback von Clemens bekomme, melde ich mich zur Prüfung an.
Clemens, wie war Stephan denn als Segelschüler so?
Clemens Stecher: Stephan ist zu mir gekommen, um das Segeln auf eine praxisnahe Art im Gezeitengewässer zu lernen. Und was mir sehr gut gefallen hat, immer noch gefällt: Er hat eine sehr gesunde, realistische Selbstwahrnehmung. Er kam, wollte lernen, war halt noch so nicht der Super-Segler und vertraute sich deshalb einfach dem RYA-Ausbildungsystem – und mir!- an. Er hat sich einen individuellen Plan von mir erstellen lassen und setzt den dann einfach um, inklusive der Agenda zwischen den einzelnen Ausbildungstörns bei uns. Das war sehr, sehr angenehm. Er hat einfach Schritt für Schritt die Ausbildung absolviert hat, immer mit dem Ziel, ein möglichst guter Segler zu werden – und nicht mit dem Ziel, innerhalb von möglichst kurzer Zeit den Schein zu machen.
Das ist das, was ich als Trainer will: Ich will Leute gerne begleiten auf ihrem Weg, ein ordentlicher Skipper zu werden. Und wenn sie sich dann auf den Weg machen, fallen die Scheine sowieso mehr oder weniger von selbst ab. Das Ziel sollte immer sein, ein guter Segler zu werden – und nicht nur den Schein zu besitzen.
Stephan ist aber auch immer einer gewesen, der das Ganze demütig angegangen ist. Zu mir kommen oft Leute an Bord, die sich sehr stark überschätzen. Die klingen dann manchmal so, als hätten sie das Segeln erfunden! Und wenn man diese Leute dann in der Praxis beobachtet, sieht man, dass sie zwar vielleicht schon viel Erfahrung haben und lange gesegelt sind. Aber man sieht einfach auch, dass sie lange Zeit die Dinge nicht ganz optimal gemacht haben, obwohl sie schon so lange segeln. Da gibt es dann doch oft noch viele Themen an Bord, in denen sie als Skipper nachbessern können – und müssen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Was macht einen guten Segelschüler für Dich aus?
Clemens Stecher: Es gibt es gibt viele Leute, die sich selbst überschätzen. Nur ganz wenige unterschätzen sich. Das gibt es natürlich auch, aber die meisten überschätzen sich. Sind voll gepumpt mit irgendwelchen Daten aus zigtausend Youtube-Kanälen und verbringen Stunden zu Hause vor ihrem Computer. Sie haben dann aber immer noch kein Gespür für den Wind, die Tide oder die richtige Segelstellung. Weil diese Leute sich aber schon so lange mit dem Segeln beschäftigen, haben Sie das Gefühl, sie sind jetzt schon sehr weit fortgeschritten. Aber das ist halt einfach nur eine sehr theoretische Herangehensweise. Das wird dann offensichtlich, wenn sie zum ersten Mal am Steuer stehen.
Beim Segeln ist es wie überall: Je weiter Du in die Materie vordringst, desto mehr wird Dir auch klar, wo die Schwierigkeiten liegen. Umso ruhiger wirst Du dann aber auch! Wenn Du aber schon davon überzeugt bist, dass du eh super bist und die ganze Ausbildung im Grunde eigentlich gar nicht mehr notwendig wäre, dann geht es nur um den Schein. Das erlebe ich immer wieder.
Dass ist der Dunning-Kruger-Effekt, also ein kognitive Verzerrung im Selbstverständnis, die dazu führt, dass eigene Wissen und Können zu überschätzen. Das gibt es überall im Leben – und eben auch bei Seglern. Doch je tiefer du in der Materie eindringst, umso eher erkennst Du, die Komplexität eines Themas und auch die eigenen Lücken in den Skills. Du spürst, wie viel es noch zu lernen gibt. Bei einer anfangs eher oberflächlichen Herangehensweise, hast du irgendwann das Gefühl: Ich kann das alles, was machen die eigentlich für ein Aufhebens darum? Das erlebe ich immer wieder.
Aber Stephan ist jemand, der sich selbst sehr gut und richtig eingeschätzt hat und die Ausbildung demütig angegangen ist und sich von mir einfach hat führen lassen.