Stephan Hofmann ist seit kurzem RYA Yachtmaster Coastal. Wie er wurde, was er ist, erzählen wir auf dem MCO-Blog in einer dreiteiligen Serie. Teil 1: Die Geschichte eines Schweizers, der in seiner Midlife-Crisis auszog, um das Segeln zu lernen.
Wie kamst Du überhaupt zum Segeln, Stephan?
Stephan Hofmann: Ich bin am Vierwaldstätter See aufgewachsen und hatte also schon seit meiner Kindheit einen Bezug zu Schiffen. Ich hab da immer etwas verträumt auf die Boote geguckt und kannte die Namen der Kursschiffe schon als kleiner Junge auswendig. Das hat sich dann etwas verflüchtigt, das Interesse an Booten ist aber geblieben. Als ich auf die 50 zutrabte, fragte ich mich: Wie soll ich jetzt meine Midlife-Crisis feiern? So kam ich wieder zu den Booten. Also hab mir erstmal die Theorie des Motorboot-Scheins für die Schweizer Binnengewässer angeeignet und mich beim Straßenverkehrsamt zur Prüfung angemeldet. Dort saß ich zusammen mit lauter jungen Leuten, die mich mitleidig anguckten. In ihren Augen war zu lesen: „Ach, was will der denn hier?“ Sie waren aber alle wegen des Autoführerscheins da. Das war 2014. Zwei Jahre später hatte ich dann auch den Segelschein bestanden. Gelernt hab ich das Segeln auf dem Zuger See, der liegt nur fünf Gehminuten von meinem Arbeitsplatz entfernt.
Wie wurdest Du auf die RYA aufmerksam?
Ich wollte mehr machen und auch auf dem Meer mit dem Segelboot herumsegeln. Über die Beschäftigung mit dem Schweizer Hochseeschein kam ich dann zum britischen System. Das hat mir zugesagt, weil es sehr praxisorientiert und modulartig aufgebaut ist. Ich wusste in etwa, wie man segelt, aber nicht, wie ich mich auf einer größeren Yacht, auf dem Meer, im Tidengewässer konkret verhalten soll. Und die Schule von Clemens hat mich am meisten angesprochen. Nach einer Woche auf dem Boot war ich dann RYA Day Skipper – das war im Oktober 2019. Von da an war ich mir auch sicher: Ich will mehr davon.
Seit März 2023 bist Du nun Yachtmaster Coastal!
Ja, ich hab dann zunächst verschiedene Trainings bei MCO besucht und bin mit Kollegen in der Ägäis und an der Küste der Normandie gesegelt – gerade die Tide war in Cherbourg sehr gut erlebbar. Nebenbei hab ich verschiedene Kurse besucht, das Theorie-Seminar bei Clemens, dazu ein Sicherheitstraining, Erste Hilfe auf See, einen Motorenkurs und auch den Funkschein hab ich natürlich gemacht. Insgesamt war ich bis heute 59 Tage auf See und habe 1.377 Seemeilen absolviert.
Fühltest Du Dich damit gut vorbereitet?
Ja! Wir hatten eine sehr gute, harmonische, eine mitarbeitende Crew, das hat man dann auch bei der Prüfung gemerkt. Segeln auf so einer Yacht ist eine Mannschaftsleistung. Du hast als Skipper die Führung, die Verantwortung, musst aber als Team funktionieren.
Wie lief es mit dem Englischen?
Ich hatte sprachliche Schwierigkeiten – und hab sie immer noch. Beim Sicherheitsbriefing hab ich in der Prüfung sehr viel mit Händen und Füßen und irgendwelchen Zischlauten gesprochen. Ich hab das eher vorgetanzt und es hatte einen Hauch von einem Comic.
Wie waren die Bedingungen bei deiner Yachtmaster-Prüfung im Solent?
Das Wetter war gut, der Wind war nicht allzu stark. Ich sollte von der Port Hamble Marina rüber nach Cowes, musste unterwegs eine Boje anfahren und die ersten Manöver zeigen. Ich hatte den Eindruck, der Prüfer will sehen, dass ich selbstständig Entscheidungen fälle und aktiv das Boot führe. Er hatte natürlich auch eine Liste mit Aufgaben, die ich abarbeiten sollte. Später mussten wir dann unter Motor nach Cowes, weil der Wind einschlief, wir haben dort was gegessen, ich wurde nach theoretischen Grundlagen gefragt, musste in der Dunkelheit wieder ablegen und zurück zum Port Hamble River. Unterwegs gab es dann noch eine weitere Navigations-Aufgabe. In der Nacht war die See ruhig, wir hatten zu wenig Wind zum Segeln, was natürlich eine gewisse Erleichterung war. Alles in allem war das eine anspruchsvolle, anstrengende, aber auch eine erfüllbare Aufgabe. Die Prüfung war fair und eine bereichernde Erfahrung, der Prüfer war fordernd, freundlich und wohlwollend. Eben ein echter, britischer Gentlemen.
Wie war sein Feedback?
Sehr umfangreich, sehr fundiert, sehr strukturiert. Er hatte mich sehr oft auch dann beobachtet, wenn ich mich nicht beobachtet gefühlt hatte. Es war aber sehr schnell klar, dass ich bestanden hatte. Er hat aber auch gesagt, wo und wie ich mich weiter entwickeln kann. Diese Art von konstruktiven Feedback schätze ich sehr.
Wie geht es jetzt bei Dir weiter?
Ich werde sicher noch weitere Kurse bei MCO belegen! Dass man etwas lange macht, heißt ja nicht, dass man es richtig macht. Ich möchte mich fachlich, seglerisch weiter entwickeln und irgendwann Yachtmaster Offshore werden.
Und hat Dir das Segeln nun durch deine Midlife-Crisis geholfen?
Ja! Es war keine echte Midlife-Crisis – ich bin sehr lebensfroh geblieben. Der Umgang mit der Natur und ihren Kräften haben dabei geholfen, und der Kontakt zu all den Seglern aus verschiedenen Ländern, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Segeln ist eine Lebensphilosphie!
Stephan Hofmann, 53, aus der Zentralschweiz, ist Polizist und hat sich zwischen 2019 und 2023 von RYA Day Skipper zum Yachtmaster entwickelt.
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