Wie ich mein Leben ändern musste, weil ich ein Yachtmaster werden wollte. Impressionen einer langen Reise, Teil 2
Vielleicht kennen Sie auch diese Challenges, die es bei Facebook immer mal wieder gibt. „10 Tagen, 10 Bücher“ ist eine davon – es geht darum, ganz ohne lange Rezension zehn Werke vorzustellen, die einen besonders beeinflusst haben, oder die zumindest wirklich sehr, sehr gut waren. Ich wurde zuletzt auch immer wieder mal gefragt, aber mir fallen gerade nur Segelbücher ein. Und ich meine jetzt nicht Childers‘ Rätsel der Sandbank oder Larssons‘ Keltischen Ring, obwohl die natürlich überaus empfehlenswert sind. Wenn Sie letzteres mal gelesen haben, werden sie ebenfalls zum Corryvreckan wollen. Wenn auch vielleicht nicht mit dem Segelboot. Ich war da inzwischen, auf der Durchreise zu den Äußeren Hebriden. Sehr zu empfehlen, also: beides.
Nein, meine Lieblingsbücher wurden jetzt Barletts Introduction into Navigation, Shorebased Notes und die dazugehörigen Practical Course Notes, Cunliffes Klassiker „The Complete Yachtmaster“ nicht zu vergessen. Und so weiter. Deswegen liegen sie auch in, und nicht nur neben dem Bett. Das jeweils aktuelle direkt neben dem Kopfkissen, nebst Stift und Textmarker, denn es ist ja ein Arbeitsbuch. Nein, es ist gar nicht so, dass es mich vorwurfsvoll anguckt von da. Aber schon so, das es eine gewisse Präsenz schafft, wo ein Stapel auf dem Nachttisch früher oder später nur zum Staubfänger würde. Es ist sogar so, dass ich mir einen genauen Plan gemacht habe, wann ich was gelesen, nein: durchgearbeitet haben will. Das dickere „Day Skipper Handbook Sail“ im Juli, damit im August noch Zeit für das ja auch etwas beleibtere „Navigation Handbook“ bleibt.
Weil ich mein Plansoll zuletzt überfüllt habe (was mich gewissermaßen entspannt hat), hab ich mir schnell, zur Erholung quasi, eine Extra-Lektüre gegönnt: „Stressfrei navigieren“ heißt sie, ein Buch, dass im Original von Duncan Wells stammt, der auch Segelausbilder bei der Royal Yachting Association ist. Überzeugt hat mich das Buch nicht nur, weil es ständig von Plottern handelt, wo die englische Werke meines Vertrauens höchstens einen einfachen Apparat mit GPS kennen, sondern vor allem durch ein wunderbares Versprechen im Vorwort: „Mit diesem Buch kann man die Standardprüfungen aller Bootsführerscheine der Welt bestehen“. Und das mit nur 160 Seiten (ja, ich bin selbst bei Romanen eher ein Freund dünner Bücher).
Juchee! Wobei man sagen muss, dass sich das alles in der Muttersprache zwar viel fluffiger liest, die englische Segelsprache aber doch rasch zur Gewohnheit wird. Auch wenn man anfangs erstmal alle Wörter nachschlagen muss und sodann ins Buch notiert, sowie in ein neu angeschafftes Vobabelheft. Zudem muss man sich daran gewöhnen, dass Backbordbug vor Steuerbordbug mit „port tack gives way to starboard tack“ übersetzt wird, was mir irgendwie umständlich erscheint.
Das klingt aber jetzt nicht ganz stressfrei, werden Sie sagen. Nun, ja, das stimmt. Hab ich mir zuviel vorgenommen? Wir werden sehen. Aber ich habe mit halt auch ein klares Ziel gesetzt. Und den Yachtmaster Theory Course bei Clemens gebucht. Den für den Yachtmaster Coastal und Yachtmaster Offshore-Schein. Den im September. Mit Prüfung am Ende. Da muss ich jetzt durch. Dafür winken im Jänner (wir sind ja hier bei einer österreichischen Firma) zwei Segelwochen vor Lanzarote – eine Woche Gezeitentraining und ein Day Skipper Course gleich hintendran.
Zwar bilde ich mir schon ein, ich könnte auch als Spätberufener halbwegs segeln, aber auf meiner Jolle braucht es halt weder Seekarten noch Plotter, und für einen Motor ist da auch kein Platz; auf dem Hobie 16, auf dem ich gelegentlich über die hiesigen Segelpfütze jage, schon gar nicht. Okay, die eine oder andere Tour mit dem Tempest des geschätzten Kollegen auf der Weser schafft vielleicht etwas Gefühl fürs Gezeitensegeln, und dafür, was es bedeutet, drei, vier Knoten gegenan zu haben. Wie gut, dass ich demächst zumindest noch ein paar Tage auf der Ostsee schippern werde, auf einem 50er Seefahrtskreuzer von 1937. Ob ich vielleicht doch ein eigenes Kajütboot haben sollte – vielleicht die günstige Farr 727, die ich neulich gesehen habe, ein Vierteltonner, gleitfähig, mit Kevlar-Großsegel?
Besagter Kollege (er ist zehn Mal über den Atlantik gesegelt, unter anderem) hat mir schon mal seinen Peilkompass überlassen, der jetzt neben den RYA Training Charts und dem Weems Protractor hier auf dem Schreibtisch liegt.
Aber, ja, etwas Bammel hab ich doch noch. Oder ist das alles doch viel leichter?
Gisela sagt:Du hast tolles vor! Dafür wünsche ich Dir das allerbeste!
Du schaffst das!
Viel Glück und Erfolg beim weiteren Studium.